Armut ist kein Verbrechen
Aus Angst davor, ihr Aufenthaltsrecht in der Schweiz zu verlieren, verzichten immer mehr Menschen ohne Schweizer Pass in finanziellen Notlagen auf Sozialhilfe. Mit dem erfreulichen Ja des Ständerates zur Parlamentarischen Initiative «Armut ist kein Verbrechen» ist der Weg für eine Verbesserung dieses Missstandes nun geebnet.
Wer in der Schweiz in eine finanzielle Notlage gerät, hat Anrecht auf Unterstützung für ein menschenwürdiges Dasein. Dies ist in der Bundesverfassung festgeschrieben und gilt für alle, unabhängig der Herkunft. Dieses Anrecht auf Hilfe wird aber seit 2019 durch das Ausländer- und Integrationsgesetz stark eingeschränkt: Heute müssen armutsbetroffene Personen ohne Schweizer Pass um ihre Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung in der Schweiz fürchten, wenn sie Sozialhilfe beziehen – selbst wenn sie schon länger als 10 Jahre in der Schweiz leben, viele Jahre hier gearbeitet haben oder sogar hier geboren sind.
Diese Regelung veranlasst ausländische Personen zum Nicht-Bezug von Sozialhilfe. Die Situation belastet die Betroffenen psychisch enorm und erschwert ihre soziale und berufliche Teilhabe. Den Bezug von Sozialhilfe mit dem Widerruf der Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung zu sanktionieren, ist grundsätzlich stossend und besonders bei schon länger in der Schweiz lebenden Menschen absolut unverhältnismässig. Caritas und HEKS haben im Herbst 2022 den Nationalrat und im Frühjahr 2023 den Ständerat gemeinsam dazu aufgefordert, der Parlamentarischen Initiative zuzustimmen und damit die prekäre und menschenunwürdige Situation zu entschärfen. Das Ja der beiden Kammern ist ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung von Armut in der Schweiz.
Argumentarium
Für ein Ja zur parlamentarischen Initiative «Armut ist kein Verbrechen»
Argumentarium - «Armut ist kein Verbrechen»
Die parlamentarische Initiative «Armut ist kein Verbrechen» (20.451) will sicherstellen, dass aufenthaltsrechtliche Konsequenzen aufgrund von Sozialhilfebezug nach zehn Jahren ordnungsgemässem Aufenthalt in der Schweiz nicht mehr möglich sind, es sein denn, die betroffene Person hat die Situation, die zur Sozialhilfebedürftigkeit geführt hat, mutwillig herbeigeführt oder mutwillig unverändert gelassen. HEKS und Caritas empfehlen, der parlamentarischen Initiative zuzustimmen.
Download (pdf, 128.51 KB)Titelbild: Wer in der Schweiz in eine finanzielle Notlage gerät, hat Anrecht auf Unterstützung für ein menschenwürdiges Dasein. © Thomas Plain