Les agriculteurs tadjiks s'adaptent au changement climatique et misent sur une gestion durable des ressources naturelles.
Les agriculteurs tadjiks s'adaptent au changement climatique et misent sur une gestion durable des ressources naturelles.

Armutsbekämpfung und Klimaschutz – ein Widerspruch?

Caritas-Symposium zum Thema Klima und Armut im globalen Süden

Caritas Schweiz organisiert am 11. November ein Symposium zum Klimaschutz und zur sozio-ökonomischen Entwicklung im globalen Süden. Über dieses komplexe Thema werden Fachpersonen aus der Entwicklungszusammenarbeit, Unternehmer im Bereich grüne Technologien und Klimaschützerinnen diskutieren. Organisator Maciej Chmielewski spricht über die Brisanz des Themas und über konkrete Lösungsansätze.

Maciej Chmielewski, was hat Klimaschutz mit der Bekämpfung von Armut zu tun?

Klimaschutz und Armutsbekämpfung sind eng miteinander verbunden. Der Klimawandel trifft die ärmsten Gemeinschaften, hauptsächlich im globalen Süden, viel stärker als andere Länder. Extreme Wetterverhältnisse wie Dürren und Überschwemmungen verschärfen die Armut, weil sie die Lebensgrundlage der Menschen zerstören, vor allem in landwirtschaftlich geprägten Regionen. Wenn wir die Umwelt schützen, kann dieses Risiko reduziert werden und die Gemeinschaften können langfristig wirtschaftlich wachsen. Klimaschutzinitiativen wie Projekte für erneuerbare Energien schaffen neue wirtschaftliche Chancen, helfen der Bevölkerung aus der Armut und bremsen gleichzeitig den Kohlenstoffausstoss.

Das Thema des Caritas-Symposiums lautet «Wie bringen wir Klimaschutz und Armutsbekämpfung unter einen Hut?». Ist es schwierig, diese beiden Ziele zu vereinen?

Es ist in der Tat schwierig, ein Gleichgewicht zwischen Klimaschutz und Armutsbekämpfung zu finden, denn die Prioritäten zur Erreichung dieser beiden Ziele stehen oft in Widerspruch. Für eine nachhaltige Umwelt und den Schutz des Klimas brauchen wir langfristige Strategien, wohingegen sofortige Massnahmen erforderlich sind, um die dringenden Bedürfnisse von armutsbetroffenen Menschen zu decken und die Armut zu bekämpfen. Viele Gemeinschaften, mit denen wir zusammenarbeiten, sehen sich mit akuten sozio-ökonomischen Problemen wie der Nahrungsunsicherheit konfrontiert, die eine höhere Priorität einnehmen als die Sorgen für die Umwelt. Dieses Spannungsfeld zeigt sich noch deutlicher bei Aktivitäten wie der Abholzung oder dem Abbau von Ressourcen, die zwar kurzfristig rentabel sind, langfristig jedoch negative Auswirkungen auf die Umwelt haben.

Welches sind die Hauptschwierigkeiten und wie könnten Lösungen aussehen?

Eine der grössten Schwierigkeiten besteht darin, dass viele Aktivitäten zur Armutsbekämpfung unbeabsichtigt zu verschlechterten Bedingungen für die Umwelt führen können, etwa durch die Übernutzung natürlicher Ressourcen. Dadurch entsteht ein Konflikt zwischen der Befriedigung von unmittelbaren Bedürfnissen und der Erhaltung der Umwelt für künftige Generationen. Zudem gibt es immer weniger öffentliche Mittel, und Umweltprogramme und Projekte zur Armutsbekämpfung graben sich gegenseitig das Wasser ab. Wir müssen diese Probleme mit einem integrierten, holistischen Ansatz angehen. Es müssen Win-Win-Szenarien erarbeitet werden – beispielsweise wirkungsvolle Investitionen in grüne Technologien, die Arbeitsplätze schaffen und gleichzeitig die Umwelt schützen. Wenn die lokalen Gemeinschaften die nötigen Instrumente und das Wissen haben, um ihre Arbeit nachhaltig zu gestalten, führt dies langfristig zu Erfolg. Der Staat, der private Sektor und die Zivilgesellschaft müssen zusammenarbeiten, um Ressourcen und Wissen im Hinblick auf zukunftsträchtige Lösungen zu vereinen.

In den Ohren einiger Menschen klingt es etwas zynisch, wenn die Ärmsten dazu aufgefordert werden, das Klima zu schützen, während sie kaum genug zu essen haben. Was entgegnen Sie diesen Kritikern?

Diese Kritik ist berechtigt und verständlich, da sie aufzeigt, dass das nackte Überleben in der Realität wichtiger ist als die Einhaltung langfristiger Umweltziele. Es ist jedoch wichtig, dass der Umweltschutz von diesen Gemeinschaften nicht als eine Last betrachtet wird, sondern als eine Chance für eine nachhaltige Entwicklung. Wenn wir uns auf Strategien konzentrieren, die unmittelbare Vorteile bieten, wie eine Senkung der Kosten dank sauberer Energie oder eine Steigerung der Ernteerträge dank nachhaltiger Praktiken in der Landwirtschaft, können wir gleichzeitig die Herausforderungen der Armut und der Umwelt bewältigen. Ziel ist es, dass die Bemühungen für den Klimaschutz zur Armutsbekämpfung beitragen und diese nicht behindern. Wir müssen die dringenden Bedürfnisse dieser Gemeinschaften anerkennen und Lösungen finden, die sowohl ökologisch nachhaltig als auch wirtschaftlich tragfähig sind. Und es versteht sich von selbst, dass die Länder im Norden auch in der Pflicht stehen, das Klima zu schützen.

Caritas möchte sich als wichtige Akteurin im Bereich Forschung und im Diskurs in der internationalen Zusammenarbeit etablieren. Weshalb ist das wichtig?

Aus verschiedenen Gründen: So können wir Einfluss auf den weltweiten Austausch über nachhaltige Entwicklung nehmen und sicherstellen, dass die Stimmen der marginalisierten Gemeinschaften gehört werden, wenn politische Entscheidungen getroffen werden. Dank unserer Rolle als führende Organisation für dieses Thema wird unsere Glaubwürdigkeit und Visibilität verstärkt. So können wir strategische Partnerschaften mit wichtigen Akteuren wie Regierungen, internationalen Organisationen und dem Privatsektor eingehen. Mit unserem Beitrag zu wegweisender Forschung und hochaktuellen Diskussionen können wir innovative Ansätze entwickeln, die nicht nur unmittelbare Bedürfnisse befriedigen, sondern auch langfristige Lösungen schaffen, um das Armutsgefälle zu verringern und ökologische Nachhaltigkeit zu fördern.

Weiteres zum Symposium

Drei Beispiele unserer zahlreichen Projekte, die Klimaschutz und Armutsbekämpfung gleichzeitig angehen:

Geschrieben von Vérène Morisod, Mitarbeiterin Redaktion und Information, Caritas Schweiz

Interviewanfragen und weitere Informationen: medien@caritas.ch

Weitere Informationen

Titelbild: Tadschikistanische Bauern passen sich dem Klimawandeln an - und setzen dabei auf nachhaltige Bewirtschaftung der natürliche Ressourcen. © Reto Albertalli