Bergeinsatz Familie Lengen, Wallis
Bergeinsatz Familie Lengen, Wallis

Bergbauer: «Schön, gibt es noch Leute, die helfen wollen»

Caritas vermittelt Freiwillige an Bergbauernfamilien in Not

Mit den Sommermonaten kommt viel Arbeit auf die Schweizer Bergbauern zu. Ein Unfall, eine Krankheit oder ein anderer Schicksalsschlag kann die Landwirtinnen und Landwirte jedoch an den Anschlag bringen, wie das Beispiel der Familie Lengen aus dem Wallis zeigt.

Um 3.15 Uhr ist Tagwache. Zumindest für ihn. Um diese Uhrzeit geht Ivo Lengen in seinen Stall und bereitet alles für das Melken seiner 20 Kühe vor. «Die Freiwilligen», sagt der 52-Jährige, «können ein Stündchen länger schlafen. Aber dann müssen auch sie anpacken.»

Ivo Lengen führt mit seiner Frau Jacqueline (52) und Sohn Simon (10) auf 1300 Meter über Meer einen Milchwirtschaftsbetrieb in Herbriggen, einem Weiler im Walliser Mattertal. Im Frühjahr 2021 erlitten die Lengens einen schweren Schicksalsschlag: Ein Brand zerstörte ihr Wohnhaus. Noch heute wohnen sie beim Vater von Ivo Lengen. Der Wiederaufbau verzögert sich. Ausserdem musste sich Jacqueline Lengen einer Operation am Ohr unterziehen, die sie drei Monate ausser Gefecht setzte. In dieser schweren Zeit war für die Familie klar: Sie brauchen Hilfe. Als ihnen ein Kollege vom Caritas-Bergeinsatz erzählte, meldeten sie sich sogleich an.

Jedes Jahr vermittelt Caritas Schweiz etwa 1000 Helferinnen und Helfer an schweizweit rund 130 Bergbauernfamilien in Not oder belastenden Situationen. Die Freiwilligen unterstützten die Landwirte während mindestens einer Woche beim Heuen, Melken, bei der Weidepflege, im Haushalt oder bei sonstigen Tätigkeiten auf dem Hof.

Körperliche Arbeit ist nicht zu unterschätzen

Bei den Lengens im Oberwallis haben letztes Jahr acht Freiwillige einen Einsatz geleistet. Heuer haben sich bereits zwei Personen angemeldet. «Bei uns gibt es immer etwas zu tun», sagt Ivo Lengen. Aktuell suche er noch jemanden, die oder der ihn beim Errichten eines Zaunes für seine Rinder sowie bei den alltäglichen Stall- und Hofarbeiten unterstützen könne.

Dazu gehört beispielsweise der Transport der Milch zwei Dörfer weiter. Dort wird sie in den Wintermonaten zu Käse verarbeitet, im Sommer geschieht dies auf der Alp in einer Bergkäserei. Die Freiwilligen können etwa bei der Käsereinigung oder der Auslieferung helfen. Denn um die Direktvermarktung kümmert sich die Familie selbst.

Bisher haben sich alle Freiwilligen «gut geschlagen», meint Ivo Lengen. «Wir haben durchwegs positive Erfahrungen gemacht.» Viele Helferinnen und Helfer wollen ihrem Alltag entfliehen, «echte» Arbeit erledigen, mit Tieren und in der Natur. Doch der Einsatz dürfe nicht unterschätzt werden, hält der Landwirt fest: Das frühe Aufstehen sei das eine, die körperliche Tätigkeit bei Wind und Wetter das andere. «Die meisten Freiwilligen legt es früh ins Nest», sagt er und lacht.

Profitieren können schliesslich aber beide Seiten. Ivo Lengen und seine Familie erhalten tatkräftige Unterstützung und es kehrt «frischer Wind» in den Betrieb ein; die Helferinnen und Helfer können einer sinnstiftenden Arbeit nachgehen und bekommen einen Einblick in die Landwirtschaft. Eine Freiwillige ist sogar zu einer Freundin der Familie geworden, erzählt Lengen und sagt: «Schön, gibt es noch Leute, die helfen wollen.»

Geschrieben von Niels Jost

Interviewanfragen und weitere Informationen: medien@caritas.ch

Titelbild: Bergeinsatz Familie Lengen, Wallis © Caritas Schweiz