Dank Monitoring wollen Kantone die Armut gezielter bekämpfen
Damit Bund, Kantone und Gemeinden die Armut wirksam bekämpfen können, brauchen sie gute Datengrundlagen. Sie müssen wissen, wie viele Menschen von Armut betroffen sind, aus welchen Gründen Armutssituationen auftreten und welche Gruppen besonders gefährdet sind. Caritas ist erfreut, dass der Bund und mehrere Kantone nun solche Grundlagen schaffen.
Das Bundesamt für Statistik (BFS) veröffentlicht jedes Jahr die Zahlen zur Armutssituation in der Schweiz. Diese Zahlen sind jedoch unvollständig: Sie fokussieren lediglich auf die materielle Dimension der Armut. Armut ist aber mehr als «nur» wenig Geld haben, sondern hat Auswirkungen auf den Zugang zum Arbeitsmarkt, die Gesundheit oder Bildungsmöglichkeiten.
Zudem handelt es sich um eine Befragung mit einer begrenzten Stichprobe. Für eine schweizweite Einordnung des Ausmasses von Armut ist diese gut geeignet. Genaue Aussagen zu einzelnen Kantonen oder Risikogruppen sind aber nicht möglich. Ebenfalls nicht möglich ist es, individuelle Lebensverläufe nachzuvollziehen und genaue Aussagen über die Dauer und Dynamik von Armut zu machen. Schliesslich kann mit den aktuellen Grundlagen auf Bundesebene auch nicht geprüft werden, ob staatliche Leistungen und Massnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Armut ihre Zielgruppen überhaupt erreichen. Das Bundesparlament hat diese Lücken erkannt und den Bundesrat beauftragt, ein nationales Armutsmonitoring zu erstellen. Der erste Bericht wird Ende 2025 vorliegen.
Unterschiedlicher Stand in den Kantonen
Für Caritas Schweiz ist die Erarbeitung dieses Monitorings ein Meilenstein – und doch gibt es noch Luft nach oben. Denn das nationale Monitoring lässt keine Schlüsse zu über die genaue Armutssituation in den Kantonen. Es kann auch nicht als Grundlage für kantonale Armutspolitik dienen, weil die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in den Kantonen sehr verschieden sind.
Die Kantone wissen unterschiedlich gut über die Armutssituation auf ihrem Gebiet Bescheid: Einzelne Kantone haben das Ausmass von Armut in ihrem Gebiet noch nie untersucht. Andere schon lange nicht mehr: In den Kantonen Bern und Waadt beispielsweise wurde das letzte Mal im Jahr 2015 respektive 2017 ein umfassender Armutsbericht vorgelegt. Eine weitere Gruppe von Kantonen, dazu gehören Thurgau oder Graubünden, analysieren lediglich die Entwicklung der Sozialhilfezahlen. Diese decken nur einen sehr kleinen Teil der Armutssituationen ab.
Ein Modell macht Schule
In den letzten Jahren haben einige Kantone ein umfassendes Armutsmonitoring eingeführt und damit gute Grundlagen für eine wirksame Armutspolitik geschaffen, darunter die Kantone Basel-Landschaft und Jura. Der Kanton Basel-Landschaft hat dabei als erster Kanton ein Modell angewendet, dass Caritas gemeinsam mit der Berner Fachhochschule entwickelt hat. Die Kantone Wallis und Solothurn haben ebenfalls beschlossen, ein Armutsmonitoring nach diesem Modell einzurichten. Und in den Kantonen Aargau und Bern haben die Kantonsparlamente ihre jeweilige Regierung beauftragt, ein solches Monitoring einzurichten bzw. zu prüfen.
Diese Entwicklungen lassen hoffen, dass die Armut in der Schweiz mit Hilfe von genaueren Informationen künftig deutlich und nachhaltig reduziert werden kann.
Laura Brechbühler
Verantwortliche Politik in den Kantonen+41 41 419 22 84lbrechbuehler@caritas.ch
Weitere Informationen
Titelbild: Gutes Monitoring ist entscheidend als Grundlage für gezielte Verbesserungen. © Thomas Plain