Gabrielle Bergamaz (57) aus der Schweiz
Sie hat nie aufgegeben
Ihr vom Leben gezeichnetes Gesicht und ihre funkelnden Augen erzählen ihre Geschichte. Gabrielle Bergamaz hat viel hinter sich. Doch sie zweifelt nicht mehr daran, dass sie es schaffen wird.
Gabrielle ist geschieden und lebt schon seit mehreren Jahren von der Sozialhilfe. Um finanziell wieder auf eigenen Füssen zu stehen, übernimmt die 57-Jährige verschiedenste Jobs. Sie lebt in einer Wohngemeinschaft am Südufer des Neuenburger Sees. Aber ohne Seeblick. In den letzten Jahren war der Blick in Gabrielles Zukunft auch eher düster. Nur dank dem Sicherheitsnetz der Sozialhilfe landete sie nicht ganz und unwiderruflich im Abgrund.
Aber sie will unbedingt aus dieser Abhängigkeit heraus. Sie betreut ältere Menschen in deren Zuhause und kann so jeden Monat rund 1'500 Franken selbst zu ihrem Lebensunterhalt beitragen. Doch für Gabrielle ist klar: Eine feste Stelle bekommt sie nur über eine Ausbildung. Um diese finanzieren zu können, fehlen ihr jedoch noch rund 3'000 Franken.
Scheidung und mangelnde berufliche Qualifizierung
Nach einer Lehre als Kauffrau im Vallée de Joux (Waadt) arbeitete Gabrielle in Lausanne in der Gemeindeverwaltung. Als junge Mutter entscheidet sie sich, zuhause zu bleiben, um sich um ihre drei Kinder zu kümmern. «Ich hatte eigentlich ein schönes Leben. Wir hatten ein Haus und ich lebte wie alle anderen. 10 Jahre lang habe ich mich ausschliesslich um die Kinder gekümmert. Ich war vollkommen zufrieden, es war für mich das Wichtigste überhaupt», erinnert sie sich.
2012 kommt erst die Trennung, dann die Scheidung in einer extrem schwierigen Situation, über die es Gabrielle sichtlich schwer fällt zu sprechen. Es ist mehr als eine Zäsur. Sie ist gebrochen und vollkommen verloren. Da sie für einen beruflichen Wiedereinstieg nicht ausreichend qualifiziert ist, muss sie sich arbeitslos melden, es folgt die Sozialhilfe. Zwei Jahre lebt sie sogar ohne festen Wohnsitz. «Aber ich habe weiterhin jeden Tag geduscht und mich geschminkt, ich wollte einfach ein normaler Mensch sein», ist es ihr wichtig zu betonen. Ihre Würde hängt an dieser Erinnerung, wenn auch mit Bitterkeit.
«Ich bin jemand. Ich bin nützlich und ich bin immer noch etwas wert.»
Sich weiterbilden und andere glücklich machen
Auch in ihren düstersten Momenten gab Gabrielle Bergamaz niemals auf, sondern schaute immer nach vorne und suchte nach Lösungen. Gelegenheitsjobs ohne Zukunft waren ihre Arbeitsrealität. «Ich bekam die Chance, mit älteren Menschen zu arbeiten, allerdings zu einem bescheidenen Stundenlohn.» Aber sie betreut Menschen, die Hilfe brauchen. Und sie geben ihr so viel zurück. «Das Glück liegt in den persönlichen Beziehungen», lächelt Gabrielle. Zum Glück wohnen ihre drei Kinder in der Nähe und haben die Mutter immer unterstützt.
Vor 4 Jahren erzählte ihr die jüngste Tochter, dass sie schwanger ist. Gabrielle erlebt die Schwangerschaft aus der Nähe mit, bringt sich ein und fühlt, wie ihre alte Lebensfreude zurückkommt. Es ist ihr erster Enkel. «Ich bin jemand. Ich bin nützlich und ich bin immer noch etwas wert.» Das wird ihr jetzt richtig bewusst.
Heute verfolgt Gabrielle Bergamaz nur ein Ziel: sich eine Ausbildung finanzieren zu können zur Betreuung älterer Menschen. Für sie ist das der Weg in ein stabiles Arbeitverhältnis.
Gabrielle Bergamaz*, 57 Jahre
*Name geändert
Drei Kinder, mehrere Enkel
Sie wohnt im Erdgeschoss eines Hauses mit zwei Mitbewohnern im Kanton Freiburg.
Italien, in der Schweiz geboren
Geschieden, sie ist arbeitslos und bezieht seit mehreren Jahren Sozialhilfe. Sie betreut im Stundenlohn ältere Menschen und kann dadurch einen guten Anteil ihres Lebensunterhalts selbst finanzieren. Sie möchte sich weiterbilden, um eine feste Stelle zu finden.
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Titelbild: © Ghislaine Heger