Belle-Anse semble être un havre de paix à 80 kilomètres de Port-au-Prince. Mais la situation alimentaire y est préoccupante.
Belle-Anse semble être un havre de paix à 80 kilomètres de Port-au-Prince. Mais la situation alimentaire y est préoccupante.

Grüne Energie und nachhaltige Fischerei unweit der Bandengewalt

Projekt in Haiti: Gut für die Fischer, die Händlerinnen und das Meer

In Haiti lebt die Hälfte der Bevölkerung in Armut und Tausende Menschen müssen vor der Bandengewalt in den Süden des Inselstaats fliehen. Dort verbessert Caritas Schweiz mit «Revive» die Perspektiven der Fischer – ein Projekt, das die ganze Bevölkerung mobilisiert.

In Haiti existieren zwei Welten: Die Hauptstadt Port-au-Prince wird fast vollständig von gewalttätigen Banden kontrolliert (siehe Kasten). Ein Grossteil der Bevölkerung ist aus der Hauptstadt in andere Landesteile geflohen, wo sie bei Verwandten unterkommen oder einen Ort suchen, an dem ihr Leben nicht in Gefahr ist. Aktuell gibt es rund 700'000 Binnenvertriebene in Haiti.

Im Gegensatz dazu scheint das ländliche Belle-Anse, nur 80 Kilometer von der Hauptstadt entfernt am Meer und nahe der Grenze zur Dominikanischen Republik, wie ein Hort des Friedens. Die dortige Bevölkerung lebt jedoch in extremer Armut. Auf der international angewandten IPC-Skala für Ernährungsunsicherheit ist sie in Phase 4 als «Humanitärer Notfall» eingestuft. Auch im restlichen Land hat die Hälfte der 11 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Tag für Tag damit zu kämpfen, sich ernähren zu können.

Bessere Haltbarkeit von Fisch für höhere Verkaufszahlen

Um der Not in Belle-Anse entgegenzuwirken, realisiert Caritas Schweiz gemeinsam mit lokalen Partnern das Projekt Revive, das von der Europäischen Union und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit finanziert wird. Revive hat zum Ziel, das Einkommen der Fischer, Händlerinnen und jungen Leute zu verbessern. Dies durch die Nutzung von Solarenergie und den Schutz der Fischbestände sowie des gesamten Wassereinzugsgebiets von den Bergen bis zum Meer. Gleichzeitig sollen die Resilienz der Gemeinschaft und des Ökosystems gestärkt werden.

Im Mittelpunkt des Projekts steht ein Kühlhaus, das mit Solarenergie betrieben wird. Die Mitglieder der lokalen Fischereiverbände können ihren Fisch hier lagern, was die Lebensmittelverschwendung reduziert. Sie können ihre Produkte zu einem beliebigen Zeitpunkt auf den Markt bringen und sind nicht mehr gezwungen, übereilt zu niedrigen Preisen zu verkaufen.

Zudem umfasst das Projekt Schulungen für die Fischer, in denen nachhaltigere Fangmethoden zur Schonung der Fischbestände vermittelt werden. Die Fischer werden dazu ermutigt, auf kleinmaschige Netze zu verzichten, welche die Meeresfauna zerstören, und die Mangrovenwälder als zentralen Lebensraum der Fische zu erhalten.

Erschwingliche Kredite als wichtiger Faktor

Das Kühlhaus bietet auch den Fischhändlerinnen – oft sind dies die Frauen der Fischer – Vorteile. Sie erhalten Kühlboxen, in denen sie die gefrorene Ware in besserer Qualität zur Kundschaft bringen können, wodurch sie höhere Preise verlangen können.

Für die Händlerin Jeanna Saint-Germain lag eine weitere Herausforderung im Zugang zu Krediten, ein Problem, welches das Projekt teilweise lösen konnte: «Die Mikrofinanzinstitute in unserer Region verlangen hohe Zinsen für Kredite», erklärt sie. «Dank dem gegründeten Sparverein konnten wir unser Geld sparen, und die Mitglieder haben Zugang zu Krediten, deren Zinsen kollektiv in der Gruppe festgelegt werden.» Jeanna Saint-Germain nahm knapp 100'000 Gourde, zirka 670 Franken, auf, damit sie Fisch sowie Eis kaufen und zu ihrer Kundschaft fahren kann. «Mit den erzielten Gewinnen konnte ich einen Teil des Schulgelds für meine drei Kinder bezahlen und sie ausreichend ernähren.» 

Schulungen zu Solaranlagen

Um eine lange Lebensdauer des solarbetriebenen Kühlhauses zu gewährleisten und zugleich Zukunftsperspektiven zu schaffen, werden junge Erwachsene im Bereich Solaranlagen und Kühlsysteme geschult. Sie erhalten ein Diplom der haitianischen Partnerorganisation Haiti Tec, eines in ganz Haiti anerkannten Bildungszentrums mit lokalen Ausbildnern.

«Ich wollte eigentlich Krankenpflegerin werden», erzählt Herline. Die 18-Jährige ist eine von fünf jungen Frauen, die an der Ausbildung teilnimmt. «Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten meiner Eltern und die aktuelle Sicherheitslage sind die grössten Hindernisse für die Verwirklichung meiner Träume. Doch zum Glück wurde ich für diese Ausbildung ausgewählt», sagt Herline. In vier Monaten konnte sie sich solides Wissen zu Installation und Reparatur von Solaranlagen aneignen. Sie war bereits an der Installation der elektrischen Anlagen im Gebäude beteiligt. Zudem hat sie weitere Aufträge erfüllt. Unter ihren Kunden sind auch ihre Eltern und ihre Kirche.

In diese Art von Projekten, die mehr oder weniger weit von den Gewaltzentren entfernt das Leben der Gemeinschaft und des Ökosystems verbessern, ist die Bevölkerung stark eingebunden. Es gelingt den Menschen, mit überwiegend lokalen Ressourcen und dank des grossen Engagements der beteiligten Personen voranzukommen. Es ist wichtig, die haitianische Bevölkerung in diesen schwierigen Zeiten für ihr Land weiterhin zu unterstützen.

Port-au-Prince unter der Kontrolle von Banden

Die Nachrichten aus Port-au-Prince werden immer schlimmer. Da seit 2016 keine Wahlen stattgefunden haben, ist die Regierung nach wie vor weitgehend dysfunktional. Trotz einer multinationalen Mission zur Unterstützung der Sicherheitskräfte gewinnen die Banden an Terrain.

Über 700'000 Personen wurden bislang intern vertrieben. Diese kommen in öffentlichen Gebäuden oder bei Verwandten unter. Allein im Jahr 2024 wurden mindestens 4'544 Personen getötet und 2'060 verletzt. Es wird systematisch sexuelle Gewalt eingesetzt, auch gegen Minderjährige.

Das Gesundheitssystem liegt am Boden. Ärzte ohne Grenzen sah sich gezwungen, ihre Tätigkeiten einzustellen, nachdem Mitarbeitende direkt bedroht wurden. Inzwischen konnte die Organisation ihre Arbeit teilweise wieder aufnehmen. Zudem ist die Hauptstadt Port-au-Prince, wo der Grossteil der Importe (Nahrungsmittel, Medikamente und Weiteres) ankommt, inzwischen vollständig vom Rest des Landes abgeschnitten, weil die Banden die Strassen kontrollieren. Der Luftverkehr ist seit dem 11. November eingestellt, nachdem drei Linienflugzeuge unter Beschuss geraten waren.

Das Projekt wird von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA finanziert.

Der Text wurde geschrieben von Jeannette von Däniken, Programmverantwortliche Haiti bei Caritas Schweiz, und Jean-Sorel Nelson, Projektleiter Revive bei Caritas Schweiz.

Gerne vermitteln wir Interviews und beantworten Medienanfragen: medien@caritas.ch

Weitere Informationen

Titelbild: Belle-Anse scheint ein Hort des Friedens zu sein, 80 Kilometer vom Chaos in Port-au-Prince entfernt. Doch die Ernährungssituation ist dort besorgniserregend. © Julie Marchal