Leben, wo der Krieg kein Ende findet
Das Leben in Syrien kennt keine Stabilität. Der Krieg im Land findet seit 12 Jahren kein Ende, es herrschen Armut und galoppierende Inflation. Die grosse Mehrheit der Bevölkerung hat kaum das Nötigste zum Überleben. Auch Fatima nicht.
In dem notdürftig renovierten Haus der 36-jährigen Fatima gibt es kein Spielzeug, obwohl hier fünf Kinder leben. Kein Bild hängt an der Wand. Tisch und Stühle sucht man vergebens. Strom- oder Wasseranschlüsse sind nicht vorhanden. So wie Fatima und ihre Familie leben Millionen von Menschen in Syrien. Die Kriegsschäden im Land sind nicht zu übersehen, ganze Gebiete liegen in Schutt und Asche. Die Wirtschaft kommt nicht auf die Füsse, noch immer gibt es schwere militärische Auseinandersetzungen und in den letzten Monaten kam es vermehrt zu Demonstrationen. Die zweifelhaften Interessen der nationalen und internationalen Machthaber zwingen die Bevölkerung in die Knie. Und dann erschütterte im Februar 2023 auch noch ein Erdbeben das Land. Seither liegt kein Stein mehr auf dem anderen. Was vom Erdbeben zerstört wurde und was im Krieg, wissen nur Einheimische:
«Die Kriegstrümmer sind älter, deshalb wächst schon Gras darüber.»
Die Kinder sollen lernen, das ist Fatima das Wichtigste
Woher Fatima die Kraft nimmt, jeden Tag aufs Neue zu beginnen, weiss sie selbst nicht so genau. Sie ist Witwe, seit ihr Mann bei einem Busunfall ums Leben kam. Ihre Kinder, sagt sie, die geben ihr Kraft. «Sie sind die Hoffnung meines Lebens.» Für sie nimmt sie jede noch so schlecht bezahlte Arbeit an, verarbeitet Gemüse oder Obst für einen Hungerlohn. Zwei der Kinder verdienen nach der Schule in einer Flipflopfabrik etwas dazu. Das gesamte Geld des Tages reicht dann jeweils für eine kleine Ration Reis oder Bulgur, für Brot oder Tomaten für die Familie.
Trotz aller Einschränkungen hat es für Fatima höchste Priorität, dass ihre Kinder zur Schule gehen, denn davon hängt ihre Zukunft ab. Ihre Hausaufgaben müssen die vier Jungen und das Mädchen zwar auf dem Fussboden machen, doch das ist für die Mutter nicht wichtig. Sie selbst hat nur einige Jahre den Unterricht besucht – ihre Kinder sollen aber die Chance haben, einmal eine Ausbildung zu machen. Fatima investiert in die Zukunft, denn die Gegenwart ist einfach nur bitter.
Umso dankbarer ist sie, dass die Familie ins Caritas Programm in ihrem Quartier Jabal Bedro aufgenommen wurde. Die Kinder besuchen Förderunterricht in Mathematik, Arabisch und Englisch. Regelmässig treffen sie sich auch, um gemeinsam zu malen, tanzen oder singen. Die Mutter erhält über sechs Monate einen kleinen Bargeldbetrag, um zu kaufen, was ihr besonders wichtig erscheint: Medikamente, Kleidung, haltbare Lebensmittel und, wen wundert es, Schulbücher.
Caritas Schweiz hat die Kampagne «Ja zu einer Welt ohne Armut» lanciert. Mehr Geschichten und Eindrücke aus Syrien finden Sie unter www.caritas.ch/ja
Weitere Informationen
Titelbild: © Hasan Belal