Menschenrechtlicher Schutz auch für die Ärmsten
Zusammen mit einer breiten Koalition von zivilgesellschaftlichen Organisationen lanciert Caritas Schweiz die Konzernverantwortungsinitiative. Sie verlangt, dass grosse Unternehmen mit Sitz in der Schweiz auch bei ihren Tätigkeiten im Ausland die Menschenrechte respektieren und Umweltstandards einhalten. Die Initiative ist dringend notwendig. Besonders die verletzlichsten Menschen in ärmeren Ländern benötigen mehr Schutz.
Unternehmen können weltweit einen wichtigen Beitrag zur Reduktion von Armut leisten. Dies sieht auch die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung so. Damit eine nachhaltige Entwicklung garantiert ist, braucht es aber rechtlich verbindliche Regeln, die für alle gelten, auch für mächtige, global tätige Unternehmen. Bereits 2011 hat die UNO ihre Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet. Darin wurden Grundsätze definiert, die von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden müssen. Die Einhaltung von minimalen Umweltstandards und die Respektierung der Menschenrechte sollten seither eine Selbstverständlichkeit sein für alle Unternehmen.
Leider entspricht dies aber bis heute noch nicht der Realität. Immer noch kommt es gerade in den ärmsten L ändern der Welt zu Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden, die durch Unternehmen verursacht werden. Besonders stossend ist es, wenn daran transnational tätige Konzerne beteiligt sind, die ihren Hauptsitz in reichen Ländern wie der Schweiz haben. Während die finanziellen Gewinne dieser Unternehmen zu einem grossen Teil in den Globalen Norden abfliessen, bleiben für die Menschen vor Ort in diesen Fällen nur die negativen Auswirkungen.
Es trifft meist die verletzlichsten Menschen
«Von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden sind überdurchschnittlich oft Menschen betroffen, die in Armut leben oder von Armut bedroht sind.»Andreas LustenbergerLeiter Grundlagen und Politik bei Caritas, Mitglied des Initiativkomitees
Es sind Menschen, die sonst schon grosse Mühe haben, ihre Existenz zu sichern und ein ausreichendes Einkommen für sich und ihre Familien zu erzielen. Dazu zählen beispielsweise:
- Tagelöhnerinnen und Tagelöhner, die auf Plantagen ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen ausgesetzt sind;
- einfache Arbeiterinnen und Arbeiter, deren Gesundheit durch ihre Arbeit in Fabriken gefährdet wird;
- Subsistenzbauern und -bäuerinnen, deren Existenz durch industrielle Bergbauunternehmen zerstört wird.
Armutsbetroffene Menschen gehören zu den vulnerabelsten Bevölkerungsgruppen. Menschenrechtsverletzungen und massiven Umweltschäden durch Unternehmen sind sie oftmals schutzlos ausgeliefert.
International abgestimmtes Vorgehen
Die Schweiz beheimatet sehr viele transnational tätige Unternehmen. Sie steht deshalb besonders in der Pflicht, dieses Problem anzugehen. Bereits vor vier Jahren hat die Schweizer Stimmbevölkerung über eine erste Konzernverantwortungsinitiative abgestimmt. Das Anliegen wurde damals von einer Mehrheit der Stimmenden angenommen, scheiterte jedoch am Ständemehr. Der Bundesrat hat die Initiative damals mit der Begründung abgelehnt, dass die Schweiz in dieser Angelegenheit «international abgestimmt vorgehen müsse». Nachdem die EU im vergangenen Mai umfassende Menschenrechtsregeln für Unternehmen beschlossen hat, ist der Moment jetzt definitiv gekommen, dass auch die Schweiz handelt.
Was die Initiative fordert
In enger Anlehnung an die Regelung in der EU fordert die Konzernverantwortungsinitiative, dass Unternehmen in der Schweiz einer Sorgfaltspflicht für Menschenrechte und Umwelt unterstehen. Auch müssen sie ihre Tätigkeiten im Ausland in Einklang bringen mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens und Absenkpfade für ihre Treibhausgasemissionen festlegen. Eine Aufsichtsbehörde soll die Einhaltung dieser Pflichten kontrollieren. Kommt es dennoch zu massiven Verstössen, sollen Geschädigte die Möglichkeit erhalten, vor Schweizer Gerichten eine zivilrechtliche Klage einzureichen und Schadenersatz einzufordern.
Dank dieses umfassenden Mechanismus soll endlich Realität werden, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist: Dass die Einhaltung von Umweltstandards und der menschenrechtliche Schutz auch gegenüber von armutsbetroffenen Menschen garantiert ist.
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Titelbild: Jetzt unterzeichnen! © Konzernverantwortungsinitiative