Prämienverbilligung schützt Familien vor Armut

Darum sagt Caritas Schweiz Ja zur Prämien-Entlastungs-Initiative

Haushalte mit tiefen Einkommen können die steigenden Krankenkassenprämien nicht mehr tragen. Sie benötigen dringend Entlastung. Die Individuelle Prämienverbilligung ist eines der wichtigsten und wirksamsten Instrumente der Armutsbekämpfung. Die Prämien-Entlastungs-Initiative ermöglicht den notwendigen Ausbau dieses Instruments.

In den Sozial- und Schuldenberatungen der Caritas sind die hohen Gesundheitskosten und Ausstände bei den Krankenkassenprämien ein dominierendes Thema. Folgende Fälle erleben wir tagtäglich:

  • Die Menschen wägen ab: Bezahle ich die Prämienrechnung oder verzichte ich auf eine ausgewogene Ernährung?
  • Haushalte in knappen finanziellen Verhältnissen wählen hohe Franchisen, um Geld zu sparen. Wenn sie aber doch ernsthaft erkranken und eine ärztliche Behandlung nötig wird, dann können sie diese nicht bezahlen und verschulden sich. Sie sind sich dieser Auswirkung bewusst, suchen aber händeringend nach Möglichkeiten, ihr Monatsbudget zu entlasten.
  • Die Betroffenen verzichten aus Angst vor den Rechnungen auf Gesundheitsdienstleistungen. Sie bringen sich dadurch in Gefahr. Hier geht es nicht nur um Bagatellfälle. Es werden notwendige Operationen und Behandlungen herausgeschoben, weil das Geld fehlt, um Franchise und Selbstbehalt zu decken.

Die Gesundheitskosten sind eine enorme Belastung für alle, die von Armut betroffen oder bedroht sind. Gemäss den jüngsten Zahlen des Bundesamts für Statistik für das Jahr 2022 ist das jede 6. Person in der Schweiz. Dies sind 1,34 Millionen Menschen, darunter rund 270ʼ000 Kinder.

Familien stehen besonders unter Druck

Unter den Haushalten, die nur knapp über die Runden kommen – also den Haushalten knapp über der Armutsgrenze – befinden sich überdurchschnittlich viele Familien. Das zeigt eine Studie, die Caritas zusammen mit der Berner Fachhochschule durchgeführt hat. Besonders für sie stellen die steigenden Kosten der vergangenen Jahre, sprich Teuerung, steigende Miet- und Mietnebenkosten sowie Krankenkassenprämien, ein akutes Risiko dar, in die Armut abzurutschen.

Ein Leben in Armut hat verheerende Konsequenzen für die Betroffen. Sei dies gesundheitlich – von Armut betroffene Menschen leiden bedeutend öfter unter physischen oder physischen Krankheiten – oder hinsichtlich der Entwicklungschancen der Kinder. Wer in Armut aufwächst, hat ein höheres Risiko, später ebenfalls von Armut betroffen zu sein.

Die Individuelle Prämienverbilligung ist ein zielgerichtetes und wirksames Instrument der Armutsprävention. Caritas hat die Wichtigkeit in der Armutsbekämpfung in den vergangenen Jahren vielfach hervorgehoben, unter anderem im Appell für eine Schweiz ohne Armut. Die Problematik besteht darin, dass viele Familien mit knappem Budget die Individuellen Prämienverbilligungen heute nur zum Teil oder gar nicht nutzen können. Denn zwischen den Kantonen bestehen grosse Unterschiede, in welchem Umfang die Prämien verbilligt werden und welche Einkommenslimite gesetzt wird. So kann die verbleibende Belastung durch die Krankenkassenprämien in einem Kanton über 20 Prozent des verfügbaren Einkommens betragen, während eine Familie in der gleichen wirtschaftlichen Situation in einem anderen Kanton weniger als 10 Prozent dafür aufwenden muss.

Deckelung der Prämienlast ist dringend notwendig

Die aktuelle Armutsstatistik des BFS zeigt auf, dass rund 20 Prozent der Schweizer Haushalte eine unerwartete Ausgabe von 2ʼ500 Franken nicht bezahlen können. Diese Menschen haben keinerlei Reserven, um die steigenden Prämien aufzufangen oder eine ungeplante Ausgabe, zum Beispiel für medizinische Behandlungen, zu bezahlen. Sie leben von der Hand in den Mund und sind täglich mit Geldsorgen konfrontiert. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, droht eine grosse Personengruppe ganz in die Armut abzurutschen oder sie wird gesundheitlich immer stärker gefährdet. Die vorgeschlagene Deckelung der Prämienlast bei zehn Prozent ist nicht radikal, nein, sie ist dringend notwendig. Deshalb sagt die Caritas am 9. Juni Ja zur Prämien-Entlastungs-Initiative.

Wir sind uns bewusst, dass damit nicht alle Herausforderungen des Gesundheitswesens und der steigenden Kosten bewältigt sind. Deshalb ruft die Caritas gleichzeitig alle Akteure im Gesundheitswesen auf, sich gemeinsam für tragfähige kostendämpfende Massnahmen einzusetzen. Dies muss angegangen werden und möglich sein. Allerdings dürfen solche Massnahmen unter keinen Umständen zu einer Zweiklassenmedizin und auch nicht zu einem einseitigen Leistungsabbau für die Bevölkerung mit tiefen Einkommen, für armutsgefährdete oder armutsbetroffene Personen führen.

Geschrieben von Peter Lack, Direktor Caritas Schweiz

Interviewanfragen und weitere Informationen: medien@caritas.ch

Weitere Informationen

Titelbild: © Conradin Frei