Schweiz muss mehr Verantwortung für Menschen auf der Flucht tragen
Vom 13. bis 15. Dezember findet in Genf das zweite Globale Flüchtlingsforum (Global Refugee Forum) statt. Dem Gastgeberland steht wenige Tage danach in der Wintersession des Parlaments eine polemisch zugespitzte Debatte zur Flüchtlingspolitik bevor, in der auch internationale Verpflichtungen in Frage gestellt werden. In ihrem neusten Positionspapier fordert die Caritas ein deutlich höheres Engagement der Schweiz, damit mehr Menschen auf der Flucht Würde und Sicherheit ermöglicht wird.
Um die Würde und Sicherheit von besonders verletzlichen Menschen auf der Flucht zu schützen, hat die internationale Staatengemeinschaft 2018 den UN-Flüchtlingspakt in Kraft gesetzt, welcher auch von der Schweiz unterstützt wird. Gleichzeitig erleben wir in den vergangenen Jahren aufgrund der globalen Krisen einen Anstieg der Flüchtlingszahlen auf weltweit über 100 Millionen. Um die betroffenen Menschen nicht ihrem Schicksal zu überlassen, braucht es ein erhöhtes Engagement aller, auch von der Schweiz. Am Globalen Flüchtlingsforum wird dies ein zentraler Diskussionspunkt sein.
Aufnahmestaaten unterstützen – sichere Fluchtwege schaffen
Die Aufnahmestaaten müssen finanziell stärker unterstützt werden, so lautet eine der Kernforderungen des UN-Flüchtlingspakts. Nachbarländer von Konfliktgebieten nehmen den grössten Teil der Geflüchteten auf, die ihr Heimatland verlassen müssen. Länder wie etwa Libanon, Pakistan oder der Südsudan sind aber selbst in wirtschaftlich und politisch schwierigen Situationen. Für die Geflüchteten ist dies oft gleichbedeutend mit einem dauerhaften Leben unter äusserst prekären Umständen, wie etwa in riesigen Zeltlagern oder improvisierten Hütten.
Ein zweites Hauptanliegen des Fl üchtlingspaktes ist die Schaffung sicherer Fluchtmöglichkeiten in Drittstaaten. Als Folge der strikten Abschottung sind Schutzsuchende, die über das Nachbarland hinaus weiter fliehen, enormen Risiken ausgesetzt. Ihnen drohen die Ausbeutung durch Schlepperbanden und tödliche Gefahren, wie die nicht enden wollenden Tragödien auf dem Mittelmeer zeigen. Die Schweiz mit ihrer humanitären Tradition und ihrem Einsatz für eine friedliche Welt muss hier gegensteuern.
«Es braucht mehr sichere Fluchtwege, um die besonders gefährdeten Personen zu schützen.»Michael egliLeiter Migrationspolitik
Resettlement-Programm ausbauen statt sistieren
Ein wichtiges Instrument für sichere Fluchtwege ist das internationale Resettlement-Programm. Dieses organisiert die Aufnahme von Geflüchteten, die aufgrund ihrer Verletzlichkeit nicht länger an ihrem aktuellen Aufenthaltsort bleiben, aber auch nicht in ihr Heimatland zurückzukehren können. Die Schweizer Beteiligung an diesem Programm ist aktuell doppelt in Frage gestellt: Einerseits hat der Bundesrat das laufende Programm Ende 2022 sistiert. Andererseits kommt in der Wintersession im Nationalrat eine Motion zur Abstimmung, die eine Aussetzung des Resettlement-Programms für die kommenden Jahre fordert.
«Dass die Schweiz als Land mit einer zurückhaltenden Beteiligung am Resettlement-Programm nun sogar über einen Ausstieg debattiert, ist beschämend. Die Caritas ersucht die Mitglieder des Nationalrates, einem solchen Vorstoss erneut eine Absage zu erteilen», sagt Michael Egli.
«Die Caritas fordert den Bundesrat, die Kantone und die Städte dazu auf, die Sistierung rasch möglichst aufzuheben sowie die versprochenen Zusagen aus dem Programms 2022/2023 im kommenden Jahr nachzuholen.»Michael EgliLeiter Migrationspolitik
Caritas befürwortet ein Pilotprogramm für Community Sponsorship
In ihrem neusten Positionspapier «Mehr sichere Fluchtwege in die Schweiz» zeigt die Caritas auf, welche Handlungsoptionen für die Schweiz zusätzlich zum Resettlement-Programm bestehen. Dazu gehören etwa die Erleichterung der Anforderungen für humanitäre Visa und der verbesserte Zugang zum Familiennachzug. Ebenso befürwortet die Caritas ein Pilotprogramm für das Community Sponsorship, bei welchem sich der Staat die Verantwortung für die Aufnahme, Unterbringung und Begleitung mit privaten Gruppen aus der Zivilgesellschaft teilt. Dieses ist eine sinnvolle und erprobte Ergänzung zu den bestehenden Instrumenten.
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Titelbild: Zahle, Libanon © Alexandra Wey