Des réfugiés du Venezuela trouvent refuge au Brésil (sur la photo, des réfugiés de 2021).
Des réfugiés du Venezuela trouvent refuge au Brésil (sur la photo, des réfugiés de 2021).

Sechs weiteren Jahren extremer Armut ins Auge blicken

Trotz Protesten: Venezuelas Präsident Nicolás Maduro erklärt Wahl für sich

Seit 2019 unterstützt Caritas Schweiz Geflüchtete aus Venezuela in den Nachbarländern. Mit einer weiteren Amtszeit des venezolanischen Präsidenten Maduro wird diese Arbeit noch dringlicher. Denn es ist zu erwarten, dass sowohl die Fluchtbewegungen als auch die Perspektivlosigkeit für die Geflüchteten in den Aufnahmeländern weiter zunehmen.

Unter heftigen Protesten und inmitten von Wahlbetrugsvorwürfen hat der amtierende venezolanische Präsident Nicolás Maduro den Sieg der Wahlen vom 28. Juli 2024 für sich beansprucht. Damit hat sich die Hoffnung weiter Teile der Zivilbevölkerung auf einen Wandel und einen Ausweg aus der akuten Versorgungskrise zerschlagen – und für über sieben Millionen geflüchtete Venezolanerinnen und Venezolaner die Aussicht auf eine Rückkehr und einen Neuanfang in der Heimat.

Es ist davon auszugehen, dass sich die grösste Flüchtlingskrise der Welt damit weiter zuspitzen wird. Kolumbien (beherbergt 2,5 Millionen venezolanische Geflüchtete), Peru (1,5 Millionen Geflüchtete), Ecuador und Brasilien (je 500'000 Geflüchtete) sind massiv überlastet mit der Aufgabe, die Ankömmlinge zu versorgen. So leben die verarmten Menschen meist ohne ein sicheres Dach über dem Kopf und in der Illegalität.

Prekäre Lebensbedingungen und Diskriminierung in den Nachbarländern

Was das heisst, weiss Yohana Arcaya de Medina nur zu gut. 2018 floh sie mit ihren beiden erwachsenen Söhnen David und dem geistig schwer behinderten und körperlich beeinträchtigten Alejandro in die kolumbianische Hauptstadt Bogotá. Dort hat sie weder Zugang zum Arbeitsmarkt noch zum Gesundheitssystem. Yohana versucht wie viele Migrantinnen und Migranten, ihre Familie im illegalen Sektor über Wasser zu halten, wo sie als Köchin arbeitet. Die Gefahr von Gewalt, Menschen- und Organhandel ist gross. Die überlebenswichtigen Medikamente für Alejandro muss sie auf dem Schwarzmarkt beschaffen. Nicht immer gelingt ihr das, was bereits schwere psychische und körperliche Krisen zur Folge hatte, bis hin zu einem Selbstverletzungsversuch von Alejandro. Hinzu kommt, dass Ressentiments gegen die schutzbedürftigen Bürgerinnen und Bürger des einst reichsten Landes Südamerikas schwelen. Das bekommen auch Yohana, David und Alejandro zu spüren.

Das einzige Nachbarland, in dem die Geflüchteten weder unerwünscht sind noch als billige Arbeitskräfte missbraucht werden, ist Brasilien. Auch das Gesundheitssystem funktioniert gut. Trotz der Sprachbarriere suchen daher Venezolanerinnen und Venezolaner zunehmend in Brasilien Schutz. Dies hat jedoch vor allem im von der Regierung bereits vernachlässigten Nordosten des Landes zu prekären Lebensbedingungen und Abhängigkeiten von humanitärer Hilfe geführt.

Schritt für Schritt der extremen Armut entkommen

Mit einem im letzten Jahr gestarteten Pilotprojekt wirkt Caritas Schweiz in urbanen Zentren – wo die Auswirkungen der Krise besonders gravierend und sichtbar sind – in Kolumbien und Brasilien darauf hin, dass Geflüchtete wirtschaftlich selbständiger werden. Damit die Menschen überhaupt die Energie haben, sich auf ihre neue Lebenssituation einzulassen und mittelfristig Wege aus der Armut zu finden, erhalten sie in einem ersten Schritt stabilisierende Unterstützung: Dank Bargeldhilfe können sie ihre Grundbedürfnisse decken, und mit psychologischer Hilfe die Kraft gewinnen, um vorwärtszuschauen.

Kurz darauf tragen in einem nächsten Schritt erste Workshops und Berufstrainings dazu bei, dass die Migrantinnen und Migranten einfacher eine Anstellung finden oder selbst ein Kleinunternehmen gründen können. Das Sparen wird aktiv gefördert. Caritas Schweiz unterstützt die Projektteilnehmenden auch dabei, sich ein starkes Netzwerk aufzubauen, das ihnen Türen öffnet und sie sozial trägt. Coaches besuchen die Migrantinnen und Migranten zuhause und begleiten sie individuell. So erhalten auch Yohana und ihre Familie die Chance, Fuss zu fassen.

Schutz und Aufklärung über Fluchtrisiken

Derweil verlassen immer noch täglich Tausende Menschen Venezuela. Es ist zu erwarten, dass die Zahl zunimmt. Denn die in Venezuela verbliebenen Menschen blicken nun weiteren sechs Jahren – einer weiteren Amtszeit des Präsidenten – ohne erschwingliche Lebensmittel, ohne Gesundheitssystem, ohne Jobmöglichkeiten und ohne jegliche Perspektiven entgegen.

Die Verzweiflung lässt die Migrantinnen und Migranten enorme Risiken auf sich nehmen. Bereits jetzt wagen beispielsweise immer mehr Menschen die gefährliche Reise auf dem Landweg in Richtung USA durch den sogenannten Darien Gap. 2023 haben 520'000 Personen diesen Landstreifen aus dichtem Dschungel im Grenzgebiet zwischen Kolumbien und Panama durchquert – doppelt so viele wie im Vorjahr. Über 60 Prozent von ihnen sind Venezolanerinnen und Venezolaner. Sie müssen tagelang durch Sümpfe und meterhohes Wasser waten. Erschöpfung, Verletzungen, aber auch Überfälle und Belästigung sind an der Tagesordnung.

Umso wichtiger wird vor diesem Hintergrund der zweite Fokus der Caritas-Arbeit für venezolanische Geflüchtete: Der Schutz der migrierenden Bevölkerung in Kolumbien, Brasilien, Peru und Bolivien. Kampagnen klären auf über die Bedingungen der Migration und Fluchtrisiken, Menschen werden informiert über ihre Rechte und den Zugang zu Anlaufstellen in den Zielländern. Caritas Schweiz engagiert sich auch im Kindesschutz und wirkt geschlechtsspezifischer Gewalt entgegen. So finden Migrantenkinder in Tageszentren Schutz. Schliesslich werden kritische humanitäre Versorgungslücken im Bereich der Wasser- und Ernährungssicherheit geschlossen.

Caritas Schweiz bleibt an der Seite der Venezolanerinnen und Venezolaner

Basierend auf ihrem langjährigen Engagement in der Internationalen Zusammenarbeit in Lateinamerika engagiert sich Caritas Schweiz seit 2019 für venezolanische Migrantinnen und Migranten. Sie ist auch in Venezuela selbst mit humanitärer Hilfe für die notleidende Bevölkerung da. Mehr denn je brauchen die Venezolanerinnen und Venezolaner nun Hoffnung und Perspektiven.

Geschrieben von Anna Haselbach, Projektverantwortliche Private Fundraising und Kommunikation, Caritas Schweiz

Interviewanfragen und weitere Informationen

Medienstelle Deutschschweiz

Medienstelle Deutschschweiz

Livia Leykauf, Leiterin Abteilung Kommunikation; Niels Jost, Mediensprecher; Daria Jenni, Mediensprecherin (v. r. n. l.)

+41 76 233 45 04medien@caritas.ch

Weitere Informationen

Titelbild: Flüchtlinge aus Venezuela finden in Brasilien Zuflucht (im Bild Flüchtlinge aus dem Jahr 2021). © Caritas Schweiz