Über 50 Projekte: So hilft Caritas Geflüchteten aus der Ukraine
Caritas Schweiz zieht ein positives Zwischenfazit über ihre bisher geleistete Inlandhilfe für geflüchtete Personen aus der Ukraine – sei es bei der Registrierung, der Vermittlung von Gastfamilien oder der beruflichen Integration. Das Engagement wird nun weitergeführt.
Seit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine sind rund 75'000 Personen in die Schweiz geflüchtet. Gleich von der ersten Stunde an standen Caritas Schweiz und die regionalen Caritas-Organisationen im Einsatz. So hat Caritas Schweiz beispielsweise in den Bundesasylzentren in Boudry (NE) und Bern Gastfamilien vermittelt, die regionalen Caritas-Organisationen in den Kantonen. In Boudry hat Caritas ausserdem die Registrierung der Geflüchteten übernommen. Dies geschah beides im Auftrag des Staatssekretariats für Migration und in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Flüchtlingshilfe sowie im Falle von Bern mit der Heilsarmee Schweiz.
Soforthilfe haben ebenso die 22 Caritas-Märkte geleistet. Um den geflüchteten Personen schnell und unkompliziert Zugang zu stark vergünstigen Lebensmitteln des täglichen Bedarfs zu verschaffen, reichte ein Vorweisen eines ukrainischen Passes, bis die für den Einkauf notwendige Ausweiskarte ausgestellt worden war. Ausserdem haben die Caritas-Märkte Lebensmittelgutscheine im Wert von 100'000 Franken an Ukrainerinnen und Ukrainern abgegeben. Die Nachfrage war und ist gross: Im Vergleich zum Vorjahr haben die Caritas-Märkte 2022 rund 33 Prozent mehr Einkäufe verzeichnet – etwa 20 Prozent dieser zusätzlichen Einkäufe haben Geflüchtete aus der Ukraine getätigt.
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ProjekteInsgesamt hat das nationale Caritas-Netzwerk schweizweit über 50 Hilfsprojekte zugunsten von Ukrainerinnen und Ukrainern umsetzen können.
(24.02.2022-24.02.2023)
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FrankenGemeinsam mit der Glückskette hat Caritas Schweiz bislang rund zwei Millionen Franken für die Not- und Überbrückungshilfe in der Schweiz bereitstellen können.
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PersonenSeit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine sind rund 75'000 Personen in die Schweiz geflüchtet.
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PersonenBisher konnten 4'180 Geflüchtete in rund 1'940 Haushalten untergebracht werden.
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Zwei Millionen Franken für Projekte im Inland
Insgesamt hat das nationale Caritas-Netzwerk schweizweit über 50 Hilfsprojekte zugunsten von Ukrainerinnen und Ukrainern umsetzen können. Dazu gehören unter anderem die Abgabe von Kleidung, die Ausbildung von Dolmetschern und Mediatoren, rechtliche und psychologische Beratung oder diverse Integrationsprogramme. Peter Lack, Direktor von Caritas Schweiz, zieht ein positives Zwischenfazit über die bisher geleistete Inlandhilfe: «Wir haben schnell, umfassend und unkompliziert helfen können.»
Diese Hilfe ist jedoch nur dank der grossen Solidarität vieler Spenderinnen und Spender möglich gewesen. Gemeinsam mit der Glückskette hat Caritas Schweiz bislang rund zwei Millionen Franken für die Not- und Überbrückungshilfe in der Schweiz bereitstellen können. Zusätzlich hat Caritas spezifische Mandate und öffentliche Aufträge ausgeführt. Das zeigt, dass es zur DNA von Caritas Schweiz gehört, auch bei Notlagen im Inland effizient und zielgruppennah Hilfe zu leisten.
Bei ihren Projekten, die nicht nur für Ukrainerinnen und Ukrainer zugänglich sind, sondern auch für Geflüchtete aus allen anderen Ländern, durfte Caritas ebenso auf die Unterstützung zahlreicher Freiwilliger zählen. Dazu Peter Lack: «Die Solidarität in der Bevölkerung war und ist gross, dafür sind wir von Caritas alle sehr dankbar. Wichtig ist nun aber, dass der Krieg und seine Folgen nicht in Vergessenheit geraten.»
Über 4'180 Personen an Gastfamilien vermittelt
Ein Beispiel für das Freiwilligenengagement der Bevölkerung sind die Gastfamilien. Die Kantone Aargau, Genf, Glarus, Solothurn und Zug haben regionalen Caritas-Organisationen den Auftrag erteilt, Personen zu finden und zu betreuen, die Ukrainerinnen und Ukrainer bei sich zuhause aufnehmen wollen. Bisher konnten in diesen Kantonen 1'780 Geflüchtete in 772 Haushalten untergebracht werden. Hinzu kommen rund 2'400 Personen aus den erwähnen Bundesasylzentren in Boudry und Bern, die im Auftrag des Bundes an etwa 1'170 Familien vermittelt werden konnten.
Die Vermittlung hat sich bewährt. In den allermeisten Fällen sind die involvierten Personen zufrieden mit dem vorübergehenden Zusammenleben. Es ist sowohl für die Ukrainerinnen und Ukrainer als auch für die Gastfamilien eine Bereicherung. Die Geflüchteten kommen in ein funktionierendes Zuhause und haben enge Bezugspersonen; die Gastfamilien wiederum wissen darum, mit ihrem Engagement den Menschen in Not geholfen zu haben. Nicht selten entwickelt sich eine Freundschaft.
Die Nachfrage nach Gastfamilien hat mittlerweile etwas nachgelassen. Denn zum einen sind die Kantone bestrebt, für alle Ukrainerinnen und Ukrainer eigene Unterkünfte zu finden. Zum anderen ist ein Teil der geflüchteten Personen bereits wieder in die Ukraine gezogen. Nichtsdestotrotz flüchten immer noch Menschen in die Schweiz, wodurch die regionalen Caritas-Organisationen weiterhin auf die Solidarität von Gastfamilien angewiesen sind, dies insbesondere in Zug, Aargau oder Solothurn.
Sofia Amazzough, Verantwortliche Rechtsschutz, erklärt, wie der Prozess für Geflüchtete im Bundeszentrum für Asylsuchende in Boudry (NE) abläuft.
Nach Coachings: Nun beginnt Job-Vermittlung
Ein weiteres Beispiel für ein erfolgreiches Integrationsprogramm ist das Projekt «Starthilfe Arbeitsmarkt» der Caritas Luzern. Die Regionalorganisation unterstützt seit August 2022 ukrainische Geflüchtete bei der Stellensuche. Bislang stand sie mit rund 100 interessierten Personen im persönlichen Kontakt, etwa 60 von ihnen befinden sich in der Phase «Information und Bewerbungsdossier» und 30 im Einzelcoaching.
In den nächsten Wochen will Caritas Luzern auf Arbeitgebende zugehen und die Ukrainerinnen und Ukrainer gemäss ihrem Stellenprofil vermitteln. Die grösste Herausforderung dabei ist die Sprache. Oftmals reichen die Deutsch- oder Englischkenntnisse noch nicht für den Arbeitsmarkt aus. Denn auch für einfachere Tätigkeiten oder solche mit Kundenkontakt – etwa in der Gastronomie – muss eine grundlegende Verständigung möglich sein. Eine weitere Hürde ist die Anerkennung von Ausbildungen. Die Verfahren dauern oft sehr lange, bis die nötigen Nachweise vorliegen.
Bei dem Projekt arbeitet Caritas Luzern mit der öffentlichen Hand, dem ukrainischen Kultur- und Begegnungszentrums «Prostir» in Luzern, Verbänden und Arbeitgebenden zusammen. Involviert ist ebenso die Wirtschaftsförderung des Kantons Luzern. Das Projekt dauert voraussichtlich noch bis Ende 2023.
Ein weiteres Projekt zur beruflichen Integration von Geflüchteten aus der Ukraine führt Caritas Jura durch. Interessierte können hier eine zweiwöchige Ausbildung im Bereich Reinigungs- und Haushaltsdienst absolvieren. Nebst sprachlichen Grundkenntnissen erhalten sie einen Einblick in die Instandhaltung und Reinigung von Gebäuden, technischer Anlagen und Grünflächen.
Viele bestehende Caritas-Projekte für Geflüchtete aus der Ukraine zugänglich
Das Beispiel aus dem Jura zeigt, dass die regionalen Caritas-Organisationen auch ihre bestehenden Integrationsprogramme den geflüchteten Personen aus der Ukraine zugänglich machen. Besonders gefragt waren zu Beginn die Beratungsgespräche zu alltäglichen Themen wie Einschulung, Krankenversicherung, öffentlichen Ämtern oder Familienzusammenführung.
Um in Kontakt zu Landsleuten wie auch zu Schweizerinnen und Schweizern zu treten, stehen Ukrainerinnen und Ukrainern des Weiteren das Partnerprogramm «Link» in Neuchâtel, die «Dialog»-Jugendtreffpunkte in Aarau oder die Patenschaft «mit mir» für benachteiligte Kinder offen. Schliesslich profitieren die Familien auch von der KulturLegi der Caritas, die ihnen Zugang zu zahlreichen Freizeit- und Bildungsangeboten ermöglicht. All das hilft den geflüchteten Menschen, neue soziale Kontakte zu knüpfen und sich rascher in der Schweiz zurechtzufinden.
In Freiburg organisiert Caritas Schweiz im Auftrag des Kantons des Weiteren spezifische Aktivitäten für das psychische Wohlbefinden besonders gefährdeter Personen, die im Maison Formation et Intégration in Matran leben. Dort wird auch die Kinderbetreuung gestärkt, damit ukrainische Mütter Sprachkurse besuchen, Verwaltungsverfahren durchlaufen oder Arbeit suchen können.
Zwei weitere Kollektivunterkünfte vor Eröffnung
Einen weiteren wichtigen kantonalen Auftrag erfüllt Caritas Schweiz in Schwyz. Dies mit der vorübergehenden Unterbringung und Betreuung von Ukrainerinnen und Ukrainern. Im September wurde im Ortsteil Seewen in der Gemeinde Schwyz eine Unterkunft für rund 100 geflüchtete Personen eröffnet. Zwei weitere Kollektivunterkünfte sind in Planung: In den nächsten Wochen soll in Brunnen eine eröffnet werden, später eine in Altendorf.
Weiterführen wird Caritas Schweiz ebenso den Auftrag des Bundes im Bundesasylzentrum in Boudry (NE) und im Tessin (in Partnerschaft mit SOS Ticino). Nach der anfänglichen Registrierung geht es nun um die Rechtsberatung und -vertretung von Personen mit Schutzstatus S. Dieses Mandat läuft parallel zu jenem, das Caritas Schweiz seit 2019 umsetzt: die Rechtsberatung und -vertretung für alle Asylsuchenden im Rahmen des neuen Asylgesetzes in den Regionen Westschweiz und Tessin-Zentralschweiz (ebenso in Zusammenarbeit mit SOS Ticino).
Die vielen verschiedenen Projekte zeigen: Caritas Schweiz und die regionalen Caritas-Organisationen helfen den geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern auf den unterschiedlichsten Ebenen. Die Projekte sind sowohl kurz- als auch langfristig ausgerichtet, von der Nothilfe bis zur sozialen und beruflichen Integration.
Daher wird ein wesentlicher Teil der über 50 Projekte in der Schweiz auch ein Jahr nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine weitergeführt – um den geflüchteten Personen ein möglichst menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Das bestätigt Caritas in ihrer Strategie 2025, in der sie unter anderem festhält, dass sie ein massgebender Akteur in der Katastrophenhilfe im Inland ist und Armut in der Schweiz bekämpft. Möglich gemacht haben das die jahrzehntelange Erfahrung, das grosse Engagement aller Mitarbeitenden sowie die enge Zusammenarbeit im Inland-Netz.
Weitere Informationen
Titelbild: Mitarbeitende der Caritas Schweiz registrieren im Bundeszentrum Boudry eine Gruppe von ukrainischen Flüchtlingen, die den Schutzstatus S beantragen. © Ghislaine Heger