Soziale Ungleichheit und Armut hängen zusammen
Am soeben zu Ende gegangenen Caritas-Forum in Bern setzten sich rund 280 Fachleute mit den verschiedenen Formen sozialer Ungleichheit und ihren Wechselwirkungen mit Armut auseinander. Aktuelle Faktoren wie die Klimakrise, der unkontrollierte Einsatz von Algorithmen, strukturelle Missstände und Bildungsdefizite verstärken oder verfestigen die Ausgrenzung und Diskriminierung von Armutsbetroffenen. An der Veranstaltung wurden Problemstellungen analysiert und Lösungsansätze aufgezeigt.
Nicht nur weltweit, sondern auch in der Schweiz steigt die soziale Ungleichheit. Befeuert wird sie durch massive Vermögenszuwächse bei den Reichsten, stagnierende Löhne und derzeit vor allem durch die Teuerung. Es trifft besonders die Ärmsten und die untere Mittelschicht. Eine effektive Familienpolitik könnte dazu beitragen, mittelfristig die Ungleichheit von unten zu bekämpfen. Der Armutsforscher Oliver Hümbelin hat zusammen mit Caritas ein Armutsmonitoring entwickelt, das in verschiedenen Kantonen bereits eingeführt ist oder getestet wird. Am Forum der Caritas Schweiz in Bern stellte er seine Überlegungen dazu vor. Weitere Beiträge befassten sich mit der Ungleichheit von Mann und Frau und mit der Ausgrenzung Armutsbetroffener in Institutionen.
«Der Green Deal muss auch ein Social Deal sein»
Auf strukturelle Ungleichheiten und neue bedrohliche Diskriminierungen gingen Angela Müller, Sarah Schilliger und Carlo Knöpfel ein. «Der Green Deal muss auch ein Social Deal sein», so Knöpfel, Dozent und Experte für Armutsbekämpfung an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Der Sozialwissenschaftler beleuchtete die Wirkungen der Klimakrise auf die verschiedenen sozialen Schichten in der Schweiz. Menschen und Haushalte mit tieferen Einkommen verursachen deutlich weniger CO2-Emissionen als besser gestellte, sind aber im Bereich der Arbeit, des Konsums, der Mobilität sowie der Gesundheit ungleich stärker von der Klimaerwärmung betroffen als Menschen und Haushalte mit mittleren und höheren Einkommen. Klimapolitik und Sozialpolitik müssen darum Hand in Hand gehen, wenn eine Prekarisierung der Verliererinnen und Verlierer der Klimaerwärmung vermieden werden soll.
Diskriminierungspotenzial durch Algorithmen
Mit dem Einsatz von Algorithmen in Behörden und Unternehmen setzte sich Angela Müller von AlgorithmWatch Schweiz auseinander. Müller ortet ein grosses und kaum diskutiertes Diskriminierungspotenzial beim Einsatz automatischer Entscheidungssysteme durch die Polizei, aber auch in der Behördentätigkeit von Sozialdiensten. Zentral ist für sie ein öffentliches Register über den Einsatz solcher Systeme. Sonst bestehe die Gefahr, dass bereits benachteiligte Personen oder Gruppen durch maschinelle, scheinbar neutrale Entscheidverfahren unter Pauschalverdacht gestellt werden.
Die Soziologin Sarah Schilliger präsentierte mit der City Card einen Lösungsansatz gegen die strukturelle Ausgrenzung von Personen mit prekärem Aufenthaltsstatus. Städte und Gemeinde können hier vorangehen und Angebote zur Armutsbekämpfung mit sozialer Teilhabe für alle kombinieren. So werden konkrete Probleme auf städtischem Gebiet angegangen, die durch die Verknüpfung von Sozial- und Migrationsrecht auf nationaler Ebene ausgelöst worden sind.
Caritas-Präsidentin Monika Maire-Hefti und Caritas-Direktor Peter Lack wiesen auf Lösungen hin, wie Armut und Ungleichheit in der Schweiz kurz- und mittelfristig bekämpft werden können.
Weitere Informationen
Caritas Schweiz hat parallel zum Forum den Sozialalmanach 2023 «Ungleichheit in der Schweiz» herausgegeben. Der Sammelband ist zu beziehen unter:
oder per E-Mail bei:
Fabian Saner
Fachstelle BildungCaritas SchweizAdligenswilerstrasse 15
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+41 41 419 22 41fsaner@caritas.ch
Gerne stellen wir den Redaktionen Rezensionsexemplare des Sozialalmanachs zur Verfügung.
Titelbild: 280 Personen haben am Caritas-Forum 2023 in Bern teilgenommen. Thema war die soziale Ungleichheit. © Nique Nager