UNO und Caritas besorgt: Globale Ungleichheit steigt
Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen hat seinen neuen Bericht zur globalen Entwicklung publiziert. Die Zahlen zeigen: Während sich die reichen Länder wie die Schweiz von der Krise der COVID-Pandemie erholt haben, bleibt die Situation in den ärmsten Ländern kritisch. Die globale Ungleichheit steigt dadurch weiter an.
Der Human Development Index (HDI) berechnet anhand der drei Faktoren Lebenserwartung, Bildung und Pro-Kopf-Einkommen die menschliche Entwicklung aller Länder. Der alle zwei Jahre publizierte Bericht ist ein Abbild der aktuellen Situation auf der Welt. Vor zwei Jahren hatte die Publikation des Entwicklungsberichtes die negativen Folgen der COVID-Pandemie klar vor Augen geführt. Zum ersten Mal seit die UNO den Index einführte, war damals die globale Entwicklung gesunken statt angestiegen.
Ursache dafür war neben der Pandemie auch die bedrohliche Mehrfachkrise: Die Folgen des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine, die weltweite Verteuerung der Lebenshaltungskosten und die zunehmende Verschuldung vieler Staaten überlappen sich mit den Auswirkungen der Klimaerhitzung sowie mit bewaffneten Konflikten und Kriegen. Die Entwicklungserfolge der vergangenen zwanzig Jahre wurden teilweise zunichte gemacht. So ist die Zahl der Menschen, die weltweit von extremer Armut und Hunger betroffen sind, angestiegen.
Ärmste Länder immer noch auf tieferem Niveau als vor der Pandemie
Der diesjährige Bericht des UN-Entwicklungsprogrammes bestätigt diese negative Entwicklung. Zwar hat sich die Situation in den reichen Ländern wieder verbessert – in allen OECD-Mitgliedsstaaten wurde inzwischen ein höheres Entwicklungsniveau als vor Beginn der Pandemie erreicht. Dass die Krise aber noch lange nicht ausgestanden ist, zeigt sich am anderen Ende des Spektrums.
So haben sich die Hälfte der sogenannten «am wenigsten entwickelten» Länder noch nicht von den Verschlechterungen während den Pandemie-Jahren erholt. Die Entwicklung lag 2023 in der Hälfte dieser Staaten immer noch auf tieferem Niveau als im Jahr 2019. Dies ist besonders bitter, weil die Situation in diesen Ländern bereits vor der Pandemie sehr angespannt war. Caritas Schweiz teilt die Besorgnis der Vereinten Nationen, dass die globale Kluft zwischen Arm und Reich dadurch noch grösser geworden ist.
Schweiz führt HDI-Rangliste an
Der Bericht des UN-Entwicklungsprogrammes fördert weitere Fakten zutage, welche die Caritas mit Sorge zur Kenntnis nimmt. So seien die Zahl der in Kriegen und bewaffneten Konflikten getöteten Menschen wie auch die Zahl der Vertriebenen heute so hoch wie nie mehr seit dem Zweiten Weltkrieg.
Für die reiche Schweiz bringt der UN-Bericht einmal mehr gute Neuigkeiten: Wie bereits vor zwei Jahren führt das Land die Rangliste an und liegt auf dem ersten Platz. Gemäss dieser Statistik ist somit nirgends die menschliche Entwicklung höher als bei uns.
Für die Caritas ist klar, dass dies einmal mehr die Verantwortung der Schweiz gegenüber dem Rest der Welt unterstreicht. Statt die Schuldenbremse als Vorwand für Einsparungen bei der Internationalen Zusammenarbeit zu nutzen und gleichzeitig die eigene Armee aufzurüsten, muss die Schweiz mehr Solidarität zeigen mit den ärmsten Ländern.
Geschrieben von Angela Lindt, Leiterin Fachstelle Entwicklungspolitik, Caritas Schweiz
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