Weibliche Genitalbeschneidung – Männer müssen in die Präventionsarbeit eingebunden werden
Der 6. Februar ist der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung. Auch in der Schweiz ist die weibliche Genitalbeschneidung eine Realität, geschätzt sind ca. 22'000 Frauen und Mädchen davon betroffen oder bedroht. Dies geht nicht nur Frauen und Mädchen etwas an, sondern auch Männer. Das «Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung Schweiz» hat sich zum Ziel gesetzt, Männer vermehrt aktiv in die Präventionsarbeit einzubinden.
Weibliche Genitalbeschneidung wird primär als Frauensache wahrgenommen. Sie stellt in den praktizierenden Gemeinschaften eine tief verankerte Tradition und bedeutende soziale Norm dar. Eine Frau, die dieser Norm nicht entspricht, bleibt von der Gesellschaft ausgeschlossen. Regionen, in den weibliche Genitalbeschneidung praktiziert wird, sind überwiegend patriarchal geprägt, Männer verfügen über Einfluss und Macht. Aus diesem Grund sollten Männer bei der Bekämpfung der weiblichen Genitalbeschneidung (Female Genital Mutilation/Cutting, abgekürzt FGM/C) im Ausland und in der Schweiz eine entscheidende, aktive Rolle spielen.
Migration verändert den Blick auf die schädliche Tradition
Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass die Migration nach Europa die Einstellung zu weiblicher Genitalbeschneidung beeinflusst. Demnach stehen Männer, die schon länger in Europa leben, dieser schädlichen Tradition ablehnender gegenüber als vor der Migration. Die grössere Ablehnung wird insbesondere auf eine bessere Information über die Folgen dieser Praxis zurückgeführt. «Dabei wird die möglichst zeitnahe Vermittlung von Informationen zu Mädchenbeschneidung und Themen der sexuellen Gesundheit nach Ankunft im Aufnahmeland als zentral erachtet», betont Simone Giger, Projektverantwortliche FGM/C bei Caritas Schweiz.
Das Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung Schweiz unterstützt und fördert daher den Austausch von Männern zum oft tabuisierten Thema der weiblichen Genitalbeschneidung und dessen Folgen. Yohannes Berhane, einer der eigens dafür ausgebildeten Multiplikatoren des Netzwerkes, hat solche Gesprächsrunden unter Männern durchgeführt – aus seiner Sicht ein grosser Erfolg. Er ist überzeugt: «Wenn die Ehefrauen beschnitten sind und unter gesundheitlichen Problemen leiden, sind indirekt auch ihre Partner mitbetroffen. Die Thematik muss daher auch mit Männern diskutiert werden.» Solomon Mengistu, ein weiterer Multiplikator, war bereits in seiner Heimat Eritrea in der Prävention von FGM/C tätig. Er weiss, wie wichtig die Sensibilisierung und Aufklärung zum Thema ist: «Die weibliche Genitalbeschneidung hat keinerlei medizinischen Nutzen. Sie ist vielmehr eine Bedrohung für die Gesundheit von Millionen von Frauen weltweit.»
Wie nachhaltige Veränderung gelingen kann
Denise Schwegler, Projektverantwortliche FGM/C bei Caritas Schweiz, betont, dass künftig Männer vermehrt in die Präventionsarbeit miteinbezogen werden sollen – denn: «Nachhaltige Veränderungen im Engagement gegen weibliche Genitalbeschneidung können nur gelingen, wenn sich Männer und Frauen gemeinsam in der Präventionsarbeit engagieren».
Getragen werden die Aktivitäten des Netzwerkes von Caritas Schweiz, Sexuelle Gesundheit Schweiz und vom Interdisziplinären Zentrum für Geschlechterforschung IZFG der Universität Bern. Das Netzwerk wird mehrheitlich vom Bundesamt für Gesundheit (BAG), dem Staatssekretariat für Migration (SEM) sowie dem Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) finanziert.
Titelbild: Netzwerktreffen zum Thema Mädchenbeschneidung © Heike Grasser