Wetterdaten retten die Landwirtschaft in Tadschikistan
In Tadschikistan stellt der Klimawandel die Landwirte vor grosse Probleme. Herkömmliche Anbaumethoden bewähren sich kaum mehr, die Ernährungssituation verschlechtert sich. Die Anpassung an die neuen Bedingungen ist daher unabdingbar – und dank Wetterstationen der Caritas auch möglich.
Bauer Shokirjon Shamirov (60) lebt im oberen Rasht-Tal in Tadschikistan. Das Gebirgsland ist das ärmste in Zentralasien, zwei Drittel der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft. Auf 2ʼ000 Metern Höhe sind die Winter lang und streng und das Klima so rau, dass Shokirjon Shamirov nur einmal im Jahr ernten kann. Diese ohnehin schon schwierigen Bedingungen werden jetzt durch den Klimawandel noch verschärft.
Seit einigen Jahren schwanken die Temperaturen immer stärker und es wird trockener. Wenn es Niederschlag gibt, dann häufiger in Form von Starkregen. So kommt es regelmässig zu heftigen Überschwemmungen und die Gletscher schmelzen.
Caritas Schweiz unterstützt Shokirjon Shamirov und andere Bauernfamilien dabei, sich mithilfe innovativer Methoden an die neuen Bedingungen anzupassen. Seit 2021 haben sie Zugang zu verlässlichen Wettervorhersagen, können das verfügbare Wasser effizient nutzen und ihren Anbau diversifizieren. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF sowie MeteoSchweiz realisiert.
Sichere Ernte dank genauer Wetterdaten
Das Herzstück des Projekts sind einfache Wetterstationen. Sie liefern Daten zu Lufttemperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit und Bodentemperatur sowie eine Wettervorhersage über zehn Tage. Per SMS erfahren die Bäuerinnen und Bauern, wann die Bodentemperatur optimal für die Aussaat ist, ob sie mit extremen Temperaturen (Hitze oder Frost) rechnen müssen oder ob gerade der richtige Zeitpunkt für die Bewässerung ist.
Eine bevorstehende Überschwemmung und das Einsetzen der Schneeschmelze lassen sich ebenfalls zuverlässiger vorhersagen. Die Bäuerinnen und Bauern geben die Wetterdaten aus dem Projekt zudem an andere weiter. So profitieren rund 700’000 Menschen.
Mehr Ertrag mit weniger Wasser
Ein bis anhin ungelöstes Problem sei auch die Wasserversorgung, erklärt Shokirjon Shamirov: Früher regnete es im Sommer fünf- bis sechsmal. In der letzten Saison habe es gar nie geregnet und die Sonne verbrannt das wenige vorhandene Gras. Hatten die Bäuerinnen und Bauern hingegen für einmal genügend Wasser, bewässerten sie ihre Kulturen so stark, dass grosse Schäden entstanden.
In Zusammenarbeit mit Caritas Schweiz haben Landwirtinnen und Landwirte deshalb ein Reservoir angelegt und ein neues Bewässerungssystem installiert.
«Wir können so mit weniger Wasser mehr Ernte erzielen.»Shokirjon ShamirovBauer
Diversifizierte Anbaukulturen
Inobat Sadirova (38) ist ebenfalls Bäuerin und beschäftigt sich mit Unterstützung von Caritas Schweiz mit neuen Anbaukulturen. Früher baute sie fast nur Kartoffeln an, wie üblich in der Region. Mit einer Gruppe von sechs Frauen testet sie nun auch den Anbau von Kichererbsen, Mungobohnen und Mais. Damit sich die Böden erholen können, werden die Fruchtfolge und Diversifizierung der Anbaukulturen gefördert.
Für das Setzen der Kartoffeln messen sie ausserdem neu die Bodentemperatur. Gulrukhsor Nazimova (57), ebenfalls Bäuerin, erklärt: «Für Kartoffeln liegt die Temperatur bei der Aussaat idealerweise zwischen zehn und fünfzehn Grad.» Die Caritas arbeitet derzeit daran, diese Messungen zu automatisieren. Auch das zeigt: Mit einfachen Massnahmen können die Menschen in Tadschikistan höhere Ernteerträge erzielen.
Geschrieben von Laura Scheiderer und Vérène Morisod, Mitarbeiterinnen Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Caritas Schweiz
Interviewanfragen und weitere Informationen: medien@caritas.ch
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Titelbild: Neue Wetterstationen liefern den Menschen in Tadschikistan erstmals verlässliche Wetterdaten. © Reto Albertalli