«Alles ist verdorrt»: Wie Meram (31) der Dürre trotzt
Über 730 Millionen Menschen leiden weltweit an Hunger. Dies sind die erschreckenden Zahlen aus dem neuen Bericht der UNO zur Ernährungssicherheit. Besonders in Afrika verschlechtert sich die Lage: Im Tschad, der aktuell von der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren heimgesucht wird, leistet die Caritas humanitäre Soforthilfe im Rahmen eines DEZA Mandats. Gefragt sind aber auch langfristige Lösungen.
«Die Umgebung spricht für sich. Alles ist verdorrt. Drei Aussaaten waren nötig, da die ersten beiden erfolglos blieben. Die dritte war dann zwar erfolgreich, fiel aber den Heuschrecken zum Opfer», sagt Meram Oumar Abakar. Die 31-jährige Mutter von sieben Kindern lebt im Dorf Seheb in Batha.
Diese Region im Herzen des Tschad in Zentralafrika ist vom Klimawandel besonders stark betroffen. Batha wird dieses Jahr von der schlimmsten Dürre seit 1985 heimgesucht. Die Temperaturen liegen weit über dem Durchschnitt. Wegen des ausbleibenden Regens fielen die letzten Ernten mager aus. Das trifft Familien besonders hart, viele Kinder sind unterernährt.
Die Dürre verschärft den Druck auf die natürlichen Ressourcen. Denn um ihre Tiere noch ernähren zu können, müssen die Viehzüchter umherziehen, was dazu führt, dass die bereits knappen Weideflächen übernutzt werden. Das Vieh verendet. «Es ist eine ohnehin schon sehr arme Provinz, die von dieser Ausnahmesituation betroffen ist», sagt Abdoulaye Alkhalil, Leiter des Büros von Caritas Schweiz in Batha. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch und die Männer müssen wegziehen, um Arbeit zu finden. Noch schwieriger ist die Lage für die zurückbleibenden Frauen. Sie müssen sich oft allein um ihre Familien kümmern.
«Die Umgebung spricht für sich. Alles ist verdorrt. Drei Aussaaten waren nötig, da die ersten beiden erfolglos blieben. Die dritte war dann zwar erfolgreich, fiel aber den Heuschrecken zum Opfer».Meram Oumar Abakar (31)Mutter von sieben Kindern
Darüber hinaus hat der Konflikt im benachbarten Sudan die Versorgung mit Nahrungsmitteln erschwert und die Preise haben sich mittlerweile verdoppelt. Mangelernährung wird ein zunehmendes Problem. Die Not ist gross, die Mittel jedoch begrenzt.
Im Sommer werden Nahrungsmittel noch knapper
Von Juni bis September ist die Ernährungssituation jeweils besonders prekär, da die Ressourcen dann nahezu erschöpft sind. In diesem Zeitraum leistet die Caritas gezielt humanitäre Hilfe. Dies tut sie in Form von Bargeldhilfen für die bedürftigsten Familien, damit diese Lebensmittel kaufen und die dringendsten Ausgaben decken können. Die unterernährten Kinder sind ebenfalls auf Soforthilfe angewiesen. So schult die Caritas die Frauen in den Dörfern darin, wie sie mithilfe lokaler Produkte eine reichhaltigere Nahrung zubereiten können. Und dank sogenannten Getreidebanken erhalten die vulnerabelsten Haushalte während der schwierigen Zeiten Zugang zu Getreide.
Gleichzeitig achtet die Caritas bei ihrer Nothilfe auf Nachhaltigkeit. Besonders vulnerable Familien erhalten zwei Ziegen, damit sie ihren Viehbestand wiederherstellen können und die Kinder mit Milch versorgt sind. Die Dorfbewohnerinnen und -bewohner werden zwecks Selbstversorgung beim Anlegen von Gemüsegärten unterstützt, sodass sie einen Teil des Gemüses verkaufen können. Brunnenbohrungen mithilfe von Solarenergie sorgen für Zugang zu sauberem Trinkwasser. Gegen einen Lohn beteiligen sich die Menschen an Arbeiten, die zur Regeneration der Böden und zum Schutz der Bäume beitragen. Und schliesslich tragen auch die Geschäfte für landwirtschaftliche Produktionsmittel sowie die Vergabe von Mikrokrediten zur langfristigen Ernährungssicherheit bei.
Die Frauen werden eng in die Projekte eingebunden. «Sie sind die wichtigste Stütze der Familie», sagt Abdoulaye Alkhalil. In Schulungen lernten Meram Oumar Abakar und die anderen Frauen im Dorf beispielsweise, ein kleines Geschäft zu führen. Meram verkauft nun das getrocknete Gemüse Okra, Erdnüsse und Gewürze. So kann sie ihre Familie besser versorgen und etwas Geld beiseitelegen. Sie ist zuversichtlich: «Ich sehe eine bessere Zukunft. Vor allem für meine Kinder.»
UNO: Situation wird prekärer – gleichzeitig will Schweiz Mittel kürzen
Die ergriffenen Massnahmen tragen nachweislich Früchte. Hilfe ist aber auch künftig unbedingt notwendig, erklärt Abdoulaye Alkhalil: «Die Situation in der Provinz wird in den kommenden Jahren zusehends schwieriger werden, da sich die Folgen des Klimawandels verschärfen.»
Der Ende Juli veröffentlichte Bericht der UNO weist auf die extreme Finanzierungslücke hin, die international bei der Hungerbekämpfung besteht. Die Vereinten Nationen rufen ihre Mitgliedsstaaten dazu auf, diese enorme Lücke zu schliessen.
In der Schweiz drohen jedoch Kürzungen beim Budget für die Internationale Zusammenarbeit, aus dem die globale Hungerbekämpfung finanziert wird. Dabei wären gerade jetzt enorme Anstrengungen notwendig, um die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung, zu der sich die Schweiz zusammen mit den anderen UNO-Mitgliedsstaaten verpflichtet hat, bis 2030 doch noch zu erreichen. Anstrengungen, die unerlässlich sind, damit die Ernährungssicherheit für die Familien in Batha und hungernde Menschen in anderen Regionen weltweit gewährleistet werden kann.
Geschrieben von Vérène Morisod, Mitarbeiterin Kommunikation Westschweiz, Caritas Schweiz
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Titelbild: Kinder im Tschad, die besonders betroffen sind von der Hungerkrise. © Reto Albertalli